Ulrike Mohrs: „Alle Aufgaben liegen mir gleichermaßen am Herzen!“
Die Koblenzer Bürgermeisterin Ulrike Mohrs im Gespräch mit dem Top Magazin Koblenz
Top: Frau Mohrs, seit Ihrem Amtsantritt sind jetzt schon fast sechs Jahre vergangen – eine lange Zeit! Wie ist es Ihnen bisher ergangen, welche Erfahrungen haben Sie als Koblenzer Bürgermeisterin gemacht?
Ulrike Mohrs: Es war vom ersten Tag an eine spannende und herausfordernde Zeit. In meiner ersten Woche wurde ich mit einem massiven Wasserverlust im Freibad Oberwerth konfrontiert. Hier waren erhebliche Sanierungsarbeiten erforderlich. Wir benötigten und erhielten die Unterstützung des Landes. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der komplette untere Bereich ist generalsaniert. Hier haben wir Edelstahlbecken, die uns für viele Jahre ein tolles Badevergnügen sichern und sehr langlebig sind.
In meinem zweiten Amtsjahr waren wir dann mit Corona konfrontiert. Hier waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung in vielen Bereichen gefordert. In meinem Dezernat allen voran die Feuerwehr und das Ordnungsamt. Es waren schwerwiegende Entscheidungen im Stadtvorstand zu treffen. Eine Studie belegt, dass wir in Deutschland eine der drei Städte waren, die am besten durch das erste Jahr der Pandemie gekommen sind. Darauf dürfen wir als Stadtverwaltung, aber auch die Stadtgesellschaft stolz sein! Solch eine Herausforderung kann nur gemeinsam bewältigt werden.
Und so ging es dann weiter. Die Ahrflut und der Ukrainekrieg stellten uns vor weitere große Herausforderungen.
Neben all diesen außerordentlichen Aufgaben muss natürlich das Kerngeschäft gut und für unsere Bürgerinnen und Bürger zufriedenstellend erledigt werden. Das macht die Arbeit so herausfordernd und spannend.
Top: Ihr Fachbereich beinhaltet eine große Fülle an Herausforderungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Müssen Sie darum bei Ihrer Arbeit Prioritäten setzen, oder entscheiden Sie jeweils situativ?
Ulrike Mohrs: Da kann ich nahtlos an die vorherige Beantwortung anknüpfen. Natürlich müssen Prioritäten gesetzt werden. Das darf aber nicht die situative Reaktion bei Bedarf verhindern. Das beste Beispiel sind hier Hochwasser. Da müssen andere Dinge zurückgestellt werden bis die aktuelle Lage bearbeitet ist. Schön an meiner Aufgabe als Bürgermeisterin ist, dass ich zwar die Prioritäten für mein Dezernat setze, aber natürlich viele Kolleginnen und Kollegen habe, die diese dann auch mit hoher Motivation umsetzen. Das alles ist natürlich nur mit sehr guten Führungskräften möglich.
Top: Welcher Bereich liegt Ihnen denn besonders am Herzen? Oder konkret gefragt – in welchem gibt es aktuell den größten, dringlichsten Handlungsbedarf?
Ulrike Mohrs: Oh je, eine schwierige Frage! Die Beantwortung würde zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich ausfallen. Für das Amt der Bürgermeisterin habe ich mich entschieden, da ich im Sozial- und Jugendbereich aus meiner vorherigen Tätigkeit, bei der Bundesagentur für Arbeit, viel Erfahrung und Wissen mitgebracht habe. Bei meinem Amtsantritt habe ich dann schnell erkannt, dass jeder Bereich seine Herausforderungen und Handlungs-bedarfe hat. Hier könnte ich für jedes Gebiet viele Beispiele nennen. Das würde den Rahmen unseres Interviews sprengen. Deshalb nur einige Beispiele: Das Amt für Brand- und Katastrophenschutz ist aktuell dabei eine neue integrierte Leitstelle für die Kreise Mayen-Koblenz, Cochem und Ahrweiler sowie die Stadt Koblenz zu planen und zu errichten. Das Sport- und Bäderamt beschäftigt sich mit dem Sport-park Oberwerth und das Jugend- und Sozialamt mit Kita-Neubauten und Sanierungen sowie verschiedenen Reformen im Sozialbereich. Und das sind alles nur Bei-spiele. Aktuell bauen wir das Bürgeramt um, um dort einen noch besseren Service bieten zu können. Das Ordnungsamt hat auch den Bedarf für eine räumliche Veränderung. Am dringendsten sind hier die KFZ-Zulassung und die Führerscheinstelle zu nennen. Der Eigenbetrieb Entsorgung baut gerade eine große Photovoltaikanlage über das gesamte Gelände, um die neuen E-Nutzfahrzeuge zu großen Teilen selbst-ständig mit Strom zu versorgen. Und so könnte ich weitermachen …
Top: Für viele Menschen ist das Thema Corona längst Geschichte! Ist das wirklich so, oder gibt es durchaus noch immer Handlungsbedarf, Stichwort Long-Covid?
Ulrike Mohrs: Wir alle erleben in unserem Umfeld, dass Corona in keiner Weise der Vergangenheit angehört. Gerade in den letzten Wochen haben wir wieder verstärkt erlebt, dass sich Menschen infiziert haben. In den meisten Fällen verlaufen die Infektionen harmlos. Mehr Sorgen macht mir Long-Covid in allen Altersgruppen. Auch Kinder sind immer häufiger davon betroffen. Hier ist ein erheblicher Bedarf diesen Phänomenen auf den Grund zu gehen, um bessere Behandlungsansätze zu finden.
Top: Plätze in Kitas sind ebenfalls ein Dauerthema. Wie stellt sich hier die aktuelle Situation bzw. Entwicklung in Koblenz dar?
Ulrike Mohrs: Wir haben in den letzten Jahren hier viel getan: Neue Kitas sind entstanden, weitere im Bau. Lassen Sie mich an dieser Stelle exemplarisch die Kita in der Goldgrube nennen. Hier entsteht eine achtgruppige Kita für » Kinder. Die Herausforderung ist, diese Kita zu personalisieren. Auch hier bieten wir als Stadt Koblenz Ausbildungsplätze, um diesem Bedarf zu begegnen.
Top: Ein weiteres, sehr wichtiges Thema ist der lokale Katastrophenschutz. Gerade in letzter Zeit haben beispielsweise Starkregen-Ereignisse den Menschen Probleme bereitet, sogar für Angst gesorgt. Wie ist der Katastrophenschutz in Koblenz aufgestellt?
Ulrike Mohrs: Der Katastrophenschutz ist in meinem Dezernat bei der Berufsfeuerwehr, korrekt beim Amt für Brand- und Katastrophenschutz, angesiedelt.
Wir können als Kommune dankbar sein, dass wir eine Berufsfeuerwehr haben, die hier die Fäden zusammenhält. Diese wird unterstützt und ergänzt durch unsere Einheiten der Freiwilligen Feuer-wehr. Es gibt für die unterschiedlichen Szenarien Alarm- und Einsatzpläne. Und natürlich die entsprechende Ausstattung, die wir hier vorhalten. Daneben arbeiten wir eng mit anderen Institutionen wie z. B. der Bundeswehr, dem THW und den Sanitätsdiensten zusammen. In der interdisziplinären Zusammenarbeit erlebe ich immer wieder aufs Neue einen starken Zusammenhalt, der Vertrauen und Sicherheit vermittelt.
Top: Zu Ihrem Aufgabenbereich gehört ja auch der Sport. Ist Koblenz eine Sportstadt? Und was gibt es Neues in Sachen Sportpark Oberwerth?
Ulrike Mohrs: Uneingeschränkt, ja! Ich werde nicht müde, von der Sportstadt Koblenz zu sprechen. Bei uns sind über 42.000 Menschen in über 140 Sportvereinen organisiert. Sehr erfolgreich sind hier die EPG Guardians Koblenz im Basketball. Und auch die KTV (Kunstturnvereinigung) Koblenz ist in der 2. Bundesliga aktiv. Auch die Jugend steht nicht zurück. Hier spielt die B-Jugend des HC (Handballclub) Koblenz erstmalig in der zweiten Bundesliga.
Mit dem Sportpark Oberwerth stehen wir vor einer großen Herausforderung. Hier wurde eine Masterstudie erstellt. Nun geht es darum die Realisierung zu planen und durch die Gremien zu genehmigen. Wir benötigen natürlich auch Zuschüsse von Land und Bund um solch ein Projekt zu stemmen. Hierbei denken wir an den Individual- wie an den Vereinssport. Fußball und Leichtathletik sollen gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Dadurch können wir Synergien gewinnen.
Top: Die demografische Entwicklung macht auch vor Koblenz nicht halt! Welche Entwicklungen müssen hierbei beachtet werden, und welche Maßnahmen folgen daraus?
Ulrike Mohrs: Die Anforderungen an die Stadtverwaltung und an die gesamte Stadt ändern sich quantitativ wie qualitativ. Aktuell sind wir eine wachsende Stadt. Das bedeutet, dass die Infrastruktur (Kitas und Schulen, Sportstätten etc.) mitwachsen muss. Genauso müssen wir uns den Herausforderungen des Klimawandels stellen. Hier könnte ich noch viele Themen anführen. Das würde diesen Rahmen sprengen. Wir beobachten die Entwicklungen in je-dem Fall sehr aufmerksam und haben den Anspruch, Maßnahmen mit der nötigen Weitsicht vorzubereiten und zu realisieren.
Top: Ihre ganz persönlichen Wünsche aus Ihrem Fachbereich für die Zukunft?
Ulrike Mohrs: Ich habe bereits viele Aufgaben genannt, die mich aktuell stark beschäftigen. Sie liegen mir alle am Herzen! Insgesamt wünsche ich mir ein gutes Miteinander der Menschen in Koblenz und daraus resultierend ein mutiges Voranschreiten in die Zukunft.
Top: Und was macht die Bürgermeisterin außerhalb ihres Dienstes?
Ulrike Mohrs: Ich lese sehr gerne Krimis, wandere und fahre Fahrrad. Das alles kombiniere ich gerne in einem Urlaub in Südtirol, an der Ostsee oder auf den Kanaren.